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Karl-Steinbuch-Stipendium für Xenia Ficht:
Forschung zwischen Molekularer Medizin und Informatik

Universität Ulm

Bereits zum fünften Mal ist ein Projekt der Arbeitsgruppe „Bioinformatik und Systembiologie“ am Institut für Neuroinformatik mit einem Karl-Steinbuch-Stipendium ausgezeichnet worden. Allerdings studiert die aktuelle Stipendiatin, Xenia Ficht, keineswegs Informatik, sondern ist an der Universität Ulm im Masterprogramm „Molekulare Medizin“ eingeschrieben. Beste Voraussetzungen also für eine Förderzusage der MFG Stiftung Baden-Württemberg: Mit Karl-Steinbuch-Stipendien werden innovative Projekte mit IT- oder Medienbezug aus allen Fachrichtungen unterstützt. Bei einem Festakt in Stuttgart haben Jürgen Walter, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, sowie Klaus Haasis (Geschäftsführer MFG Stiftung) Steinbuch-Stipendien an 16 junge Talente verliehen. Eine Förderzusage über 2500 Euro gibt Xenia Ficht weiterhin die Möglichkeit, neben ihrem Studium wissenschaftlich zu arbeiten.

In ihrem Projekt am Institut für Neuroinformatik forscht die angehende Molekularmedizinerin zur mathematischen Modellierung eines Signalwegs des Immunsystems, genauer zum Signaling Pathway des Interleukin-21-Rezeptors. Die wichtigsten informationsvermittelnden Moleküle des Immunsystems gehören zur Familie der Interleukine. Sie steuern Stärke, Art und Dauer der Immunantwort. Diese Moleküle werden durch Blut und Gewebe transportiert, bis sie über spezifische Rezeptoren auf ihren Zielzellen erkannt werden. „Die Rezeptorbindung eines Interleukins löst eine Abfolge biochemischer Reaktionen in intrazellulären Proteinen aus – und somit den Signaling Pathway, der das Signal verstärken, modulieren und weiterleiten kann“, erklärt die 23-Jährige Masterstudentin. Zu den jüngsten Mitgliedern der Familie der Interleukine gehört Interleukin-21 (IL-21). Eine krankhafte Dysregulation von IL-21 tritt bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes („Schmetterlingsflechte“) sowie bei einigen Krebsarten auf - zum Beispiel dem Hodgkin-Lymphom.

Xenia Ficht plant, den Signaling Pathway des IL-21 Rezeptors als so genanntes Boolesches Netzwerk zu modellieren. Für diese mathematische Modellierung setzt die Nachwuchswissenschaftlerin auf BoolNet, ein erweiterndes Paket der Programmiersprache R, das in der Arbeitsgruppe ihres Betreuers PD Dr. Hans Kestler entwickelt wurde. Als Ziel könnten zum Beispiel Daten aus wissenschaftlichen Publikationen rund um den Signalweg als Netzwerke erstellt, analysiert und visualisiert werden. Xenia Ficht will nach Hinweisen auf bisher unbekannte Proteininteraktionen suchen und zentrale Knotenpunkte als Angriffsflächen für neue Medikamente identifizieren. „Die medizinische Forschung hat in diesem Bereich enorme Fortschritte gemacht. Allerdings hinkt die Interpretation der Daten der Entwicklung hinterher. Strukturen der Signaling-Netzwerke sind nämlich so komplex, das sie nur durch mathematische Betrachtungen verstanden werden können“, sagt Hans Kestler. Bereits in der Vergangenheit hätten Forscher Signalwege als Boolesches Netzwerk modelliert. Das volle Potential der Methode sei jedoch bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.
Der Erfolg Xenia Fichts hat den Leiter der Arbeitsgruppe Bioinformatik und Systembiologie keineswegs überrascht: „Das Besondere an ihrem Projekt ist die Integration von biologischem Wissen mittels Methoden der Informatik.“ In Zukunft will die Studentin der Wissenschaft treu bleiben, promovieren und im medizinischen Bereich forschen.

Seit 2004 hat die MFG Stiftung Baden-Württemberg mehr als 200 Nachwuchswissenschaftler mit Karl-Steinbuch-Stipendien gefördert. Karl Steinbuch war Universitätsprofessor in Karlsruhe und gilt als einer der ersten Informatiker. Der Begriff „Informatik“ geht auf eine seiner Publikationen zurück.